Stiftsdamen-Lehrerinnen um 1910

Das erstmals 1239 erwähnte Stift Keppel ist heute ein koedukatives Gymnasium, Tagungshaus und Veranstaltungsort für zahlreiche kulturelle Angebote. Vielen Besuchern des ansehnlichen Gebäudes ist jedoch nicht bekannt, dass es einstmals ein Prämonstratenserinnenkloster, dann ein adliges Damenstift und ab 1871 eine höhere Töchterschule mit Internat beherbergte.
Das Internat wurde vom preußischen Staat errichtet. Die Schülerinnen wohnten Wand an Wand mit ihren Lehrerinnen, lernten nicht nur die feine Lebensart, sondern konnten auch selbst Lehrerinnen werden, das Höchste, was eine Frau damals erreichen konnte. Das Internat bestand, später als in-tegraler Teil des Gymnasiums, bis 1986. Danach wurde es aufgelöst, die Zimmer im Obergeschoss leer geräumt und die Einrichtungsgegenstände auf den Stifts- und Kirchendachboden verbracht. Seitdem dienten die Räume als Abstellkammern.
Am Anfang des neuen Jahrtausends hatte Dorothea Jehmlich, ehemalige Lehrerin am Gymnasium, die Idee, in den alten Räumlichkeiten ein Internatsmuseum einzurichten. Mit tatkräftiger Unterstützung durch die Stiftsverwaltung ging sie ans Werk, holte, zusammen mit ihrem Ehemann und einigen Freunden und Freundinnen, das verbliebene Mobiliar vom Dachboden: Schränke, Vertikos, Schreibtische, historische Stahlrohrbetten und Waschtische. In einem vergessenen Kleiderschrank fand sie überdies alte Damenhüte und Kleider aus der Gründerzeit, wahrscheinlich aufbewahrt für Theateraufführungen. Der Ausgestaltung des Museums kam zuden zugute, dass Keppel über alte Erlebnisberichte in noch vorhandenen Jahrbüchern und Schwarz-Weiß-Fotos der frühen Jahre verfügt.
Mit diesen Schätzen konnte Frau Jehmlich 2003 das Museum im Obergeschoss des Stifts mit dem Wohn- und Arbeitszimmer einer Stiftsdamenlehrerin eröffnen. Zwei Jahre später erfolgte die Erweiterung um einen Wohn-und Schlafraum von vier Schülerinnen. 2012 kam ein weiteres (Schülerinnen-) Wohn-und Arbeitszimmer hinzu sowie die historische Bibliothek. Letztere ist besonders sehenswert, zeigt sie doch, in Regalen bis unter die Decke, die prächtigen Bücher aus der Zeit um 1900, die sich in Keppelschen Besitz befanden. Die alten Werke werden im modernen Schulbetrieb nicht mehr benutzt, konnten so aber für das Museum gerettet werden. Zu guter Letzt wurde noch ein Raum für Sonderausstellungen eingerichtet. Zu sehen sind dort zur Zeit zwei Ausstellungen: Kleider von Keppels Kirchenboden und 'Upstairs und Downstairs' (Oben und Unten), wie die feinen Damen (oben) mit den Dienstpersonal (unten) umgingen.

Die Museumsräume bieten so lebendige Einblicke in die Arbeits-und Wohnverhältnisse der Lehrerinnen und Schülerinnen um die Jahrhundertwende. Miniführungen durch Frau Jehmlich (Tel.: 02733-3281) sind weiterhin möglich.
Wer sich ein umfassendes Bild vom Leben der Keppeler Frauen um 1900 in einer männerfreien Zone machen möchte, kann seit Oktober 2022 bei der neuen Museumsleiterin Frau Schwarz telefonisch oder per E-Mail eine informative Führung durch das Internatsmuseum vereinbaren.
Weitere Bilder aus dem Internatsmuseum finden Sie unter Impressionen