Die Regierung des Großherzogtums Berg, der 1806 das gesamte Siegerland unterstellt wurde, betrachtete während der französischen Fremdherrschaft Stift Keppel nach Artikel 35 des Reichsdeputationshauptschlusses vom 25. Februar 1803 als "der freien Verfügung des Landesherrn anheimgefallen", und demzufolge wurde durch einen Beschluss des Kaiserlichen Commissairs, dem Grafen Beugnot, vom 4. August 1810 vorerst die Verwaltung der Stiftseinkünfte dem Domänen-Direktor des Sieg-Departments unterstellt und verordnet, dass sowohl die jährlichen Überschüsse der Stiftskasse als auch die in ihr verbleibenden Einkünfte der erledigten Präbenden in die Domänenkasse abgeliefert werden sollten. Auf der Grundlage des kaiserlichen Erlasses vom 22. Juni 1811 wurde durch ein Reskript des Ministers Beugnot vom 2. Juli 1811 dann die wirkliche Vereinigung der Güter und Einkünfte des Stift Keppels mit den landesherrlichen Domänen angeordnet, die Inventarisation des gesamten beweglichen und unbeweglichen Stiftsvermögens, schließlich der Verkauf des ersteren an die Meistbietenden verfügt. Den Mitgliedern des Stifts aber, die nunmehr bis auf drei noch einige Jahre ausharrende Stiftsdamen nicht mehr in Keppel wohnten, wurden jährliche Pensionen in noch zu bestimmender Höhe zugesichert. Mit dem Datum vom 11. Januar 1812 endlich wurde der Vollzug der Aufhebung des Stifts ausdrücklich befohlen.

Und nun ging es Schlag auf Schlag; schon am 18. Januar 1812 beauftragte der Domänen-Direktor in Dillenburg den Stiftsrentmeister Dietz in Netphen, sofort spezielle Verzeichnisse der corporellen und incorporellen Domänen aufzustellen und dem Domänen-Empfänger binnen 14 Tagen einzureichen. Die Aktiv-Kapitalien gehörten fernerhin zu den Finanzen des Staates. Von der Vereinigung mit den Domänen blieben vorläufig nur die speziell zum Gottesdienst bestimmten Güter und Revenüen ausgeschlossen, worüber ein besonderes Verzeichnis angefordert wurde. Die Mobilien des Stifts seien, so hieß es, sofort zu verkaufen und aus dem Erlös die bis Ende Dezember 1811 noch ausstehenden Lasten zu bezahlen.
Nachdem der Verkaufstermin im 7. Stck. der Intelligenz-Nachrichten des Sieg-Departments und dreimal in den Kirchen zu Netphen, Ferndorf, Krombach und Hilchenbach bekannt gemacht worden war, fand die Versteigerung am 3. März 1812 statt. Der bestellte Taxator erlöste 1.643 fr. 94 ct. gegenüber dem Schätzwert von 1.120 fr. 94 ct., also ein erhebliches Mehr, wenn auch eine lächerlich geringe Summe im Vergleich zu den wirklichen Sachwerten. Die in Listen namentlich benannten Bieter kamen aus dem gesamten Siegerland, vornan die ehemaligen Stiftsbediensteten, nicht zuletzt auch die Ew. Stiftsäbtissin Marquise de Meslé. 166 Posten an Mobiliar, Textilien, Hausrat und Wirtschaftsgerät fanden Interessenten, bis hin zu verschossenen Vorhängen, Strohsäcken bzw. Haferstreu gefüllten Bettpfühlen, lädierten Stalllaternen und Mistgabeln. Das teuerste Objekt mit einem erlösten Wert von 315 fr., der kupferne Braukessel aus dem alten Keppeler Brauhaus, ging an einen Adam Kraft aus Siegen.
Alles weitere, was nicht niet- und nagelfest war, fand noch in den folgenden Jahren Verwendung. Und solche verwendbaren "Entwendungen" sind in der Regel nicht listenmäßig erfasst. Der Kunsthandel ist heute noch dankbar dafür. So tauchte ein Jahrhundert später eine alte spätgotische Madonna im Sauerland auf, deren Herkunft mit dem säkularisierten Stift Keppel in Verbindung gebracht wurde. Sie diente einer Votivkapelle in Oberveischede nochmals als Gnadenbild, bis es auch dort 1963 bei einem nächtlichen Einbruch von Kunsträubern gestohlen wurde.

Es ist nicht zu verkennen, dass die Bevölkerung durch die substanzielle Entleerung des Stiftes, einhergehend mit der Inhalts- und Perspektivlosigkeit ideeller Sinngebung, wie auch durch die 1819 vollzogene Entfremdung der Erträgnisse des Stiftsfonds durch die Vereinigung mit dem fernen Stift Geseke einen Schlussstrich unter alles gesetzt hat, was noch an das alte Stift erinnerte. Überraschend schnell setzte sich bei den Bewohnern eine Einstellung gegenüber dem altehrwürdigen ehemaligen Stift durch, die man als Steinbruch-Mentalität kennzeichnen könnte. Es entbrannte allseits ein Verteilungskampf - ob Privatpersonen oder Körperschaften - um Beutestücke des vermeintlich herrenlosen Erbes. So wollte 1833 die Schulgemeinde Allenbach und Haarhausen eine Kirchenglocke als Schulglocke zum Geschenk haben, da sie "doch noch nie einer Gnade aus gedachtem Fonds sich zu erfreuen gehabt hätten". Die evangelische Kirchengemeinde Hilchenbach, welcher für die Dauer des Neubaus ihrer Kirche die Benutzung der ansonsten verwaisten Keppeler Stiftskirche zugebilligt worden war, wollte die dortige Orgel zu ihrem Gebrauch auf Stiftskosten reparieren lassen. Eine Kirchengemeinde in Lüdenscheid wollte 1843 gar die ganze Orgel überlassen haben. Im Vorraum der Stiftskirche, unterhalb der ehemaligen Nonnenempore, hatten die Stiftspächter Kühe eingestellt. Durch die Feuchtigkeit über dem Strohdung waren die Dielen darüber durchgefault. Aus allen Ritzen drang Gestank in den Kirchenraum hinein. Als später, nachdem die evangelische Bevölkerung aus Hilchenbach ihre neue Stadtkirche in Besitz nehmen konnte, die katholische Missionsgemeinde in die Stiftskirche einzog, wurde Beschwerde geführt, dass die Kühe während der Messe brüllten, wenn sie nur die Schellen der Messdiener zur hl. Wandlung vernahmen, waren sie doch auf das Kuhglockengeläut des Leittiers konditioniert. Auf dem Friedhof vor der Kirche ließen die Pächter die Schweine wühlen, alte Grabplatten hatte man in die verschlammten Zuwege gelegt. Im einst noblen Konventsaal hatte sich die "Hilchenbacher Liedertafel" niedergelassen und pflegte dort Gesang und Kneipe. Im Bier- und Tabaksdunst versammelte allmorgendlich im selben Saale der ebenfalls im Stift residierende katholische Geistliche seine armen und verlausten Schulkinder zum Unterricht, "Mäckeskinder" wie die umgebende Bevölkerung argwöhnte. Auch wenn die Schulbehörden dem Pfarrer gute Zucht attestierten, fehlte es dennoch nicht an Klagen über eingeworfene Fensterscheiben, beschädigte Lampen und zertrampelte Beete.
Es grenzt schon fast an ein Wunder, dass trotz der Ausplünderung und Vernachlässigung unter den Bedingungen der Säkularisation bis auf den heutigen Tag noch so viel historische Substanz in Stift Keppel erhalten geblieben ist.