Exkursion LK Geschichte


Exkursion des Leistungskurses Geschichte nach Bonn

Am 24. September war es endlich so weit: nach längerer und gründlicher Vorbereitung saßen pünktlich um 8 Uhr 12 Leistungskursschüler mit ihrer Lehrerin Frau Dilling im Bus, mit dem sie problemlos nach Bonn reisten.


Erste Station war die Friedrich-Ebert-Stiftung, in der ein Besuch des Archivs und einer Sonderausstellung zum sozialdemokratischen Widerstand gegen den Nationalsozialismus geplant war.
Professor Schneider, Leiter des Archivs und Professor für Politische Wissenschaften an der Universität Bonn, nahm die Gruppe in Empfang. Nach einer kurzen Einführung zur Friedrich-Ebert-Stiftung, der Funktion und Geschichte von Archiven und Stiftungen der Parteien allgemein und des Archivs der sozialen Demokratie im Besonderen ging es durch verschlungene Gänge in die Unterwelt: drei unterirdische Stockwerke voller Archivalien, inzwischen erweitert durch eine Ebene des Parkhauses für die Mitarbeiter der Friedrich-Ebert-Stiftung, ganz zu schweigen von den Archivalien, die vor allem aus Platzgründen bereits ausgelagert worden sind.
Aber keine Angst: die Führung war gut vorbereitet! Mitarbeitern der Stiftung, die das Archiv betreuen, gelang es problemlos deutlich zu machen, wie spannend es hier unter der Erde ist.
Das ging los mit sozialdemokratischen Schriften aus der NS-Zeit, die getarnt werden mussten und mit deren Hilfe die Sozialdemokratie auch über die Zeit der Verfolgung in Europa aufrecht erhalten werden konnte. Viele der dünnen Schriften wurden unter dem Fenstergummi von Zügen versteckt und so von Ort zu Ort transportiert. Das ging weiter mit den gesammelten Schriften von sozialdemokratischen Politikern unterschiedlichen Alters, wobei die Schüler besonders über die dicken Ordner erstaunt waren, die Archivalien von Andrea Nahles enthalten. Eindrücke aus der Gewerkschaftsarbeit im Siegerland vervollständigten die Eindrücke ebenso wie das Sonderarchiv zu Willy Brandt, das sowohl zum Teil bizarre Gastgeschenke von seinen Reisen als auch die Originalurkunde des Friedensnobelpreises enthält, die alle Schüler einmal in die Hand nehmen durften. Am Beispiel des Satzes „Hier wächst zusammen, was zusammen gehört“, den wir als Brandt’sche Äußerung der Wiedervereinigung zuordnen, konnten die Schüler spannende Text- und Spurenarbeit betreiben.
Abgerundet wurde der Besuch im Archiv durch die Betrachtung der Archivalien von Herbert Wehner: seiner legendären Pfeifensammlung, der Sammlung seiner Plastikaktentaschen, die er immer von Parteitagen mitnahm und irgendwann irgendwo stehen ließ, wenn sie ihm überfüllt erschienen. Um deren Inhalt rankten sich natürlich Legenden: in Wirklichkeit handelte es sich überwiegend um nutzloses Papier.
Bei der Besichtigung durften natürlich weder die Totenmasken sozialdemokratischer Politiker noch die Fahnensammlung fehlen, zu der die älteste sozialdemokratische Fahne Deutschlands gehört.
Nach der Diskussion praktischer Fragen wie der des Brand- und Wasserschutzes in einem Archiv, dem öffentlichen Zugang zum Archiv, seiner Finanzierung, der Bereitschaft, seine Unterlagen dem Archiv zu überlassen oder sie doch ins Bundesarchiv nach Koblenz zu geben, oder gar nichts zu regeln (wie Johannes Rau es vorgezogen hat), erreichten wir wieder das Tageslicht und stellten erstaunt fest, dass wie im Fluge mehrere Stunden in der Unterwelt vergangen waren – und für die Wanderausstellung nur noch die Zeit für einen kurzen Überblick blieb, der dann aber ausreichte, um Ideen für die bald fällige Facharbeit zu sammeln. Gegen 13 Uhr verabschiedete sich die Gruppe von Professor Schneider mit einem herzlichen Dank für die spannende und unterhaltsame Führung.

Ein gemeinsames Mittagessen, eingenommen in der ehemaligen „SPD-Baracke“, füllte die Energiereserven wieder auf, so dass der nächste Programmpunkt: Führung im „Haus der Geschichte“ in Angriff genommen werden konnte. Wir waren wieder überpünktlich da; die Wartezeit konnten wir mit der Photoausstellung zu den Männern und Frauen des Parlamentarischen Rates und deren Arbeit und einer Sonderaustellung zum Spiegel der Gesellschaft im deutschen Schlager (DDR und BRD im Vergleich) leicht überbrücken!
Die Führung nahm uns mit auf einen Durchgang durch die Geschichte Deutschlands nach 1945, wobei die ältesten Exponate, die die unmittelbare Nachkriegszeit und den Beginn des Wiederaufbaus dokumentieren, für die Schüler die interessantesten waren. Über die Antworten auf die Fragen nach der Wiedervereinigung und dem deutschen Herbst (gerade 30 Jahre vorbei) blieben die Antworten leider recht undifferenziert. Insgesamt bewerteten die Schüler die Führung überwiegend positiv, wenn es auch berechtigt war die Frage zu stellen, weshalb die inhaltlichen Vorgaben, die wir im Vorfeld auf das entsprechende Angebot hin gemacht hatten, so wenig berücksichtigt wurden. Über Fragen, Besichtigung und Diskussion verging auch im Haus der Geschichte die Zeit wie im Fluge. Um 18 Uhr holte uns der Bus sehr pünktlich ab und brachte uns sicher ins Siegerland zurück. Die Rückreise wurde für einige Trainingseinheiten „Stand-Land-Fluss“ genutzt, was deutlich zeigt, dass auch ein sehr gefülltes und anspruchsvolles Programm bei Schülern nicht zwangsläufig zu ausgedehnten Schlafpausen führt!

A. Dilling, im Dezember 2008